Andreas Hofer Bund e.V.
© Andreas Hofer Bund e.V. 2015
Meran
Lebenslauf von Sepp Mitterhofer vorgetragen von Enkelin
Unser Opa Sepp wurde am 22. Februar 1932 als jüngstes von 5 Kindern am Unterhaslerhof
in Obermais geboren. Er ging 2 Jahre in die italienische Volksschule und besuchte
nebenher heimlich die Katakombenschule. Von der Faschistenzeit bekam Opa als Kind
noch Einiges mit, vor allem die Option 1939, wo viele Südtiroler ihre Heimat verließen.
Die großen Spannungen zwischen Dableibern und Auswanderern blieben ihm nicht
verborgen. Weil sein älterer Bruder aus gesundheitlichen Gründen den Hof nicht
übernehmen konnte, wurde Opa zum Hoferben bestimmt. In der Folge absolvierte er die
Landwirtschaftsschulen in Dietenheim und Muri Gries. Nach der beruflichen Ausbildung
ging er mit Begeisterung und Tatendrang an die Arbeit, wobei er von der herkömmlichen,
veralteten Arbeitsweise wegkommen wollte. Er erkannte die Notwendigkeit zum Erneuern
und Modernisieren: Auf sein Drängen hin schaffte sein Vater 1954 um 1,5 Millionen Lire
einen Allgäuer-Porsche-Schlepper mit 22 PS an, mit dem er eine riesige Freude hatte.
Opa war der erste Bauer in der Gemeinde Meran, der bereits 1960 das Stallvieh aufließ,
um sich voll auf die einträglichere Obstwirtschaft zu konzentrieren.
Seit 1948 war er begeisterter Flügelhornist bei der Bürgerkapelle Obermais, wo er einige
Jahre Schriftführer und 1960 auch deren Obmann war. Dort lernte er auch seine spätere
Frau Maria Lex vom benachbarten Tannhart-Hof näher kennen und lieben. 1958 wurde
geheiratet und alsbald erblickten die Söhne Sepp und Peter das Licht der Welt.
Zusammen mit vier Obermaiser Bürgern gründete Opa 1959 die Schützenkompanie Obermais.
Schon als junger Mann hatte er mitansehen müssen, wie die Unterdrückung und Italienisierung der deutschen Volksgruppe weiterging.
Der Faschismus war zwar offiziell tot, der Geist aber blieb und die Schikanen gingen weiter. Diese Tatsache und das große Unrecht –
die Zerreißung Tirols nach dem Ersten Weltkrieg – ließen in ihm den Entschluss reifen, sich der Untergrundbewegung
„Befreiungsausschuss Südtirol“, dem BAS anzuschließen. Da er in Meran viele Gleichgesinnte kannte, gründete er dort eine Gruppe,
die mit verschiedenen Aktionen Aufsehen erregte, die vom Aufhängen schwarzer Fahnen bis hin zum Einsatz von Sprengstoff reichten.
Die Attentate gipfelten schließlich im Juni `61 in der sogenannten Feuernacht, bei der vom BAS landesweit unter anderem Dutzende
Elektromasten in die Luft gesprengt wurden, was international großes Aufsehen erregte. Einen Monat später begann eine
Verhaftungswelle: Auch Opa wurde festgenommen und in der Meraner Carabinieri-Kaserne tagelang schwer misshandelt. Drei Jahre
später wurde er Im Mailänder Sprengstoffprozess schließlich zu 12 Jahren Haft verurteilt, von denen er fast 8 Jahre absitzen musste,
die meiste Zeit davon in Trient. Das war für ihn eine lange und harte Zeit, zumal er gesundheitliche Probleme hatte. Sinnvolle
Beschäftigung fand er unter anderem in der Gefängnistischlerei, in der er Möbelstücke und andere Einrichtungsgegenstände
anfertigte, die dann nach Hause geliefert wurden. Seine Frau hielt treu zu ihm und besuchte ihn einmal in der Woche für eine halbe
Stunde, immer mit dabei der köstliche Grießschmarrn. Manchmal brachte sie auch die beiden Buben mit.
Am Herz-Jesu-Sonntag `69 kam dann endlich der langersehnte Tag der Freiheit: Die Bürgerkapelle Obermais, Freunde, Bekannte und
Verwandte bereiteten Opa daheim einen schönen und würdigen Empfang.
Obwohl er von seinem Naturell her ein Gemeinschaftsmensch war, ist er durch die lange Haftzeit menschenscheu geworden und
benötigte einige Zeit, um wieder in der Gesellschaft Fuß zu fassen. Auch gesundheitlich konnte er sich mit Hilfe guter Ärzte und dank
seinem eisernen Willen einigermaßen erholen. Große Freude bereitete ihm die Geburt der beiden Mädchen Christl und dann Monika.
Bald spielte Opa wieder bei der Bürgerkapelle Obermais mit, der er 40 Jahre angehörte, wurde etwas später in den örtlichen
Pfarrgemeinderat sowie in den Aufsichtsrat der Obstgenossenschaft Meran gewählt, wo er sich unter anderem vehement für die
Einführung der Großkisten einsetzte. Auch im Bezirksausschuss des Beratungsringes für Obst- und Weinbau war er mehrere Jahre aktiv.
1974 wurde der Südtiroler Heimatbund als Vereinigung der politischen Häftlinge gegründet. Als Mitbegründer war er von Beginn an im
Bundesausschuss und später 21 Jahre lang Bundesobmann.
Sowohl beim Heimatbund als auch später bei der Bewegung Südtiroler Freiheit war er mit unermüdlichem Einsatz dahinter,
Ortsgruppen aufzubauen und um
Mitglieder zu werben. Sein politisches Handeln war geprägt von Kompromisslosigkeit. Bei öffentlichen Auftritten kam seine oft harsche
Kritik an den politischen Machthabern nicht immer bei allen gut an.
2003 war er Mitbegründer der Arbeitsgruppe für Selbstbestimmung, welcher namhafte Persönlichkeiten aus Politik und dem
Verbandswesen angehören. Er gehörte zu den Gründern der Bewegung Südtiroler Freiheit.
Opa war auch Ehrenmitglied der Schützenkompanie Obermais.
Hier im Lande und in Österreich hielt er zahlreiche Vorträge, um die Menschen für das Thema Selbstbestimmung zu sensibilisieren und
für die Wiedervereinigung Tirols zu werben.
Bei parteiinternen Krisen war er stets bemüht, Risse zu kitten und bei Meinungsverschiedenheiten zu vermitteln. Obwohl immer viel
für die Politik unterwegs, kam die Arbeit auf dem Hof nicht zu kurz, denn er war ja leidenschaftlicher Bauer. Seinen Kindern war er
ein strenger, aber guter Vater!
Mit Herzblut zog es Opa lange Jahre in sein früheres Sommerfrischhäusl in Hafling, wo er sein Talent zum Basteln und Werkeln
umsetzen konnte. Zeitlebens bis ins hohe Alter war er gerne in den Bergen unterwegs. 170-mal stand er auf einem Berggipfel, 30
davon waren Dreitausender. Sein Humor begleitete ihn durchs ganze Leben und half ihm, auch schwierige Zeiten gut zu überstehen.
Ohne Zweifel kann man sagen, dass Opa sein Leben der Wiedervereinigung Tirols verschrieben hat und dies immer ehrenamtlich und
uneigennützig! Dafür gebührt ihm Respekt und Anerkennung. Er ist immer seiner Linie treu geblieben und hat seinen Standpunkt auch
in schwierigen Situationen unbeirrt vertreten. Ein Augenleiden zwang ihn, sich mehr und mehr zurückzuziehen. Er war aber immer
konsequent darauf bedacht, selbstständig zu leben und möglichst niemandem zur Last zu fallen. Von einem kürzlich erfolgten Sturz
konnte er sich nicht mehr erholen und es zeichnete sich das Ende ab.
In den Morgenstunden des 21. November ist unser lieber Opa schließlich daheim friedlich eingeschlafen.
Abschließend sei ein bekannter Spruch des legendären Kanonikus Michael Gamper erwähnt, der Opas Lebensmotto treffend zum
Ausdruck bringt:
„Ein Volk, das nur um sein natürliches und verbrieftes Recht kämpft, hat den Herrgott zum Bundesgenossen.“
Pfiati, Opa!