Andreas Hofer Bund e.V.
© Andreas Hofer Bund e.V. 2015
Peter Kienesberger
Abschied von einem tapferen Kämpfer für Südtirols Recht und Freiheit
Nach schwerem und tapfer ertragenem Leiden ist ein guter Freund und ein aufrechter Mann
von uns gegangen.
Jugend und Elternhaus
Peter Kienesberger stammte aus Gmunden in Oberösterreich. Die Eltern und sein Onkel „Nesi“
Kienesberger, ein Gmundener Bergführer, waren patriotisch eingestellt. Mit der Liebe zu den
Bergen hatten sie dem Jungen auch die Liebe zur Heimat vermittelt. Für die Jungmannschaft
der Gmundener Alpenvereinssektion so wie auch für die Kameraden im Turnverein waren
Bergsteigen und Klettern mehr als nur die Übung technischer Fertigkeiten. Nach schweren
Bergfahrten und kühnem Gipfelsturm erklangen in der Hütte auch die Lieder, die an das
Schicksal Südtirols erinnern. Für den jungen Bergsteiger waren es prägende
Gemeinschaftserlebnisse, wenn auch auf Bergfahrten in Südtirol in der Runde verschworener
Freunde die Gitarre erklang und das Südtiroler Heimatlied „Wohl ist die Welt so groß und
weit...“ angestimmt wurde.
Teilnahme am Südtiroler Freiheitskampf
Der hallende Protest der Herz Jesu Nacht im Juni 1961 und die Massenverhaftungen und
entsetzlichen Folterungen der Südtiroler Häftlinge hatten das Leben des achtzehnjährigen
Radioelektronikers Peter Kienesberger entscheidend verändert.
Der Sommer 1961 war die entscheidende Wende in Kienesbergers Leben. Er kündigte seinen
Arbeitsplatz, fuhr nach Innsbruck und schloss sich dem Südtiroler Widerstand an.
Am 22. August 1961 stand der junge Bursche bereits zusammen mit dem legendären Südtiroler
Schützenmajor Georg Klotz und einigen anderen Mitverschworenen bei St. Martin im Passeier
im Partisaneneinsatz. Die Gruppe sprengte einen Hochspannungsmast. Dann warteten die
Männer im Hinterhalt gespannt auf das Eintreffen der Polizeikräfte. Als „Rendezvouspartner“
erwarteten sie den Meraner Carabinieri-Kommandanten Capitano De Rosa, einen der
gefürchtetsten Folterknechte in Südtirol. Als De Rosa an der Spitze seiner Männer am Tatort
eintraf, eröffneten die Freiheitskämpfer sofort das Feuer. Die Schüsse gingen über De Rosa
hinweg, der mitsamt seiner schönen gebügelten Uniform unter seinem Geländewagen, der
„Campagnola“, im Dreck lag. Kienesberger sollte später vor einem österreichischen Gericht
erklären, dass er und seine Kameraden auf Weisung von Georg Klotz bewusst über die Köpfe
der Carabinieri gehalten hätten. Diesmal hätte es noch eine Warnung sein sollen.
Bald folgen weitere Einsätze: Mastensprengungen im Bozener Unterland, Zum Teil gemeinsam
mit Luis Amplatz und Günther Andergassen, Sprengstofftransporte über Gletscher und Jöcher,
Kommandounternehmen im Passeier und im Sarntal. Kienesberger begleitete bei verschiedenen
Jagdeinsätzen Georg Klotz und Luis Amplatz, den jungen Weinbauern und Schützenleutnant aus
Gries bei Bozen. Amplatz wurde 1964 im Auftrag des „Ufficio riservato“ (Abteilung für
vertrauliche Angelegenheiten) des italienischen Innenministeriums durch einen Agenten
ermordet. Bei diesem Mordanschlag wurde Georg Klotz schwer verletzt, konnte aber fliehen
und sich retten.
Verfolgung und Haft
So wie viele seiner Kameraden musste auch Peter Kienesberger Jahre insgesamt 6 Jahre 8
Monate seines noch jungen Lebens in österreichischer Untersuchungs- und deutscher
Auslieferungshaft zubringen. Er stand in Österreich in mehreren Südtirol-Prozessen vor Gericht
und wurde jedes Mal freigesprochen, da die Geschworenen eine Notstandssituation in Südtirol
annahmen, die gewaltsamen Widerstand rechtfertigte. Hingegen wurde er ob gleicher Vorwürfe
in den beiden Mailänder Prozessen in Abwesenheit insgesamt zu 47 Jahren verurteilt.
Zeit seines Lebens hatte es Peter Kienesberger bedrückt und empört, dass die Italiener ihm und
seinen damals Mitangeklagten Univ.-Prof. Dr. Erhard Hartung und Egon Kufner den Tod von vier
italienischen Soldaten angelastet hatten, die angeblich auf der Porzescharte durch ein von ihm
geplantes Attentat zu Tode gekommen seien.
Die drei Österreicher waren durch „Geständnisse“ belastet worden, welche die italienischen
Sicherheitsbehörden von zwei verhafteten österreichischen BAS-Mitgliedern unter der Folter
erpresst hatten.
Kienesberger wurde mit seinen Kameraden nun wiederum in Österreich vor Gericht gestellt und
in zweiter Instanz freigesprochen. Peter Kienesberger aber hatte allein wegen des Falles
Porzescharte 3 Jahre und 7 Monate unschuldig in Untersuchungshaft verbracht und bis zur
Einstellung des Verfahrens 3 ½ Jahre in Deutschland im Exil gelebt.
In Italien wurde Peter Kienesberger jedoch in einem menschenrechtswidrigen
Abwesenheitsverfahren, welches nach der alten und immer noch gültigen faschistischen
Strafprozessordnung durchgeführt wurde, zu lebenslanger Haft verurteilt.
Verlegerische Tätigkeit
Im deutschen Exil hatte Peter Kienesberger seine liebe Frau Elke, eine Nürnbergerin,
geheiratet und mit ihr in Nürnberg den Verlag und Buchhandel „Buchdienst Südtirol“
gegründet. Er führte den Kampf für die Freiheit Südtirols weiter, nun jedoch mit publizistischen
Mitteln.
Er verlegte historische Dokumentationen und einen Südtirol-Jahreskalender ebenso wie die
Zeitschrift „Der Tiroler“ im Namen der von ihm mitbegründeten Kameradschaft der ehemaligen
Südtiroler Freiheitskämpfer.
Er baute ein beeindruckendes Vertriebs- und Informationssystem auf, über welches er
zehntausende Menschen im deutschen Sprachraum über das gedruckte Wort erreiche und noch
viel mehr über das Internet. Unzählige Pressemitteilungen gelangten an hunderte von
Redaktionen und fanden Widerhall.
Italienische Auslieferungsbegehren und Mordpläne
Das war den Italienern ein Dorn im Auge und so versuchten sie ab dem Jahr 1978 mit mehreren
juristischen und politischen Vorstößen, von der Bundesrepublik Deutschland seine Auslieferung
zu erreichen. Diese Versuche dauerten 14 Jahre lang.
Mehrfach intervenierten hohe österreichische Politiker wie der Bundeskanzler Dr. Kreisky und
der Justizminister Dr. Ofner bei der deutschen Bundesregierung und wiesen auf die
Menschenrechtswidrigkeit des italienischen Abwesenheitsverfahrens hin.
Die italienischen Auslieferungsbegehren scheiterten dann an dem Deutschen Bundesgerichtshof , dem Bundesverfassungsgericht und an
Beschlüssen des Oberlandesgerichts Nürnberg. Für den Betroffenen war es jedoch ein Gang durch die Hölle gewesen, der insgesamt 14
Jahre gedauert hatte. Ein ganzes Jahr hatte Peter Kienesberger auch in Auslieferungshaft gesessen.
Es gab mehrere Entführungs- und Mordpläne des italienischen Geheimdienstes gegen Peter Kienesberger mit bereits konkreten
Vorbereitungen, die aber nicht zur Durchführung kamen, weil sie vorzeitig enthüllt wurden.
Späte Genugtuung
Zu Lebzeiten hatte Peter Kienesberger noch erleben dürfen, dass der österreichische Militärhistoriker Oberst Mag. Dr. Hubert Speckner
anhand bislang geheimer österreichischer Akten und anhand eigener Untersuchungen schlüssig bewiesen hat, dass der sogenannte
„Tatort“ auf der Porzescharte offenbar manipuliert worden war und dass Kienesberger und seine damals Mitangeklagten Univ.-Prof. Dr.
Erhard Hartung und Egon Kufner an dem Geschehen auf der Porzescharte nicht beteiligt gewesen sein konnten.
Damit wurde die Berechtigung des damaligen Freispruchs unterstrichen.
Glücklich im Kreise der Südtiroler Freunde
Peter Kienesberger war es verwehrt, das von ihm geliebte Südtirol besuchen zu können. So freute es ihn jedes Mal, wenn er ehemalige
Südtiroler Mitkämpfer und Freunde aus dem Kreis der Schützen in Nordtirol oder Nürnberg treffen konnte. Und wenn Freunde in Not
geraten waren, hatte Peter Kienesberger sich stets als treuer Freund erwiesen.
Mit den Ultener Schützen hat ihn und seine Familie eine enge Freundschaft verbunden.
Wir alle müssen nun Abschied nehmen von einem guten, tapferen Freund und Mitstreiter im Kampf um das Recht.
Lieber Peter, Du hast ein Leben lang für Deine Überzeugung und für das Gute gekämpft, ruhe in Frieden!
Unser Mitgefühl gilt vor allem seiner Frau Elke, der Tochter Gudrun und allen Familienangehörigen.
Univ.-Prof. Dr. Erhard Hartung
im Namen der Kameradschaft der ehemaligen Freiheitskämpfer und der persönlichen Freunde und Mitstreiter