Andreas Hofer Bund e.V.
© Andreas Hofer Bund e.V. 2015
St. Pauls
Trotz der vorhergesagten Schneestürmen und Schneewalzen, die am Brenner hätten sein sollen hat sich der Bundesvorsitzende des
Andreas Hofer Bund e.V. Deutschland, Hermann Unterkircher, Günther Schwaller, Alois Wechselberger, Obmann AHB Tirol und Benjamin
Kranzl auf den Weg nach St. Pauls gemacht. Was die Fahrgemeinschaft vorfand, war ein überschaubarer leichter, nicht ins Gewicht
fallender Schneefall, und sauber geräumte schneefreie Straßen mit einer Schneedecke außerhalb der Straße von 3 cm. So sieht man
wieder, dass man den Wetterbericht auch nicht alles glauben kann. Die Fahrt nach St. Pauls fand auf Einladung des Südtiroler
Heimatbund die der Obmann Roland Lang aussprach und des Südtiroler Schützenbundes statt.
Nach der Feier fand man sich im Gasthof „Paulser Hof“ ein wo man zum Mittagessen geladen war, und Heimatbewußte Leute und
politische Mandatare antraf.
Der Bundesvorsitzende Hermann Unterkircher vom AHB e.V. nutzte die Gelegenheit, dem SHB Obmann Roland Lang ein Kuvert mit
einer Spende vom AHB e.V. zu überraschen, die mit großer Freude und Applaus entgegen genommen wurde. Obmann Alois
Wechselberger nahm auch die Gelegenheit wahr um der langjährigen Mitstreiterin in Sachen Tirol, ehem. Landtagsabgeordneten und
Mitglied des AHB Tirol Dr. Eva Klotz eine Ehrenurkunde mit goldener Ehrennadel des AHB Tirols zu überreichen, das wirklich große
Freude hervorrief. Es steht außer Frage, dass Frau Klotz viel, sehr viel für ihr Heimatland ( Süd ) –Tirol getan hat und sich immer noch
tatkräftig eingibt, was auch ein wichtiger Faktor ist.
Anschließend gegen 15.00 Uhr, man traf zwischenzeitlich noch viele langjährige Freunde zu einem Gespräch, trat die
Fahrgemeinschaft wieder ihre Heimfahrt, bei ruhigen Fahrverhältnissen, an und die weitesten waren so um 17.00 Uhr, ohne Stress zu
Hause.
Gedenkfeier für Freiheitskämpfer der 60iger Jahre
Am Sonntag, den 8. Dezember 2024, versammelten sich über 2.000 Teilnehmer in St. Pauls, um anlässlich des 60. Todestages von Sepp
Kerschbaumer dessen herausragende Verdienste sowie die der verstorbenen und lebenden Tiroler Freiheitskämpfer der 1960er Jahre
zu würdigen. Im Mittelpunkt der Feier standen der unermüdliche Einsatz für die Freiheit und Selbstbestimmung Südtirols sowie die
Erinnerung an eine entscheidende Epoche in der Geschichte der Südtiroler.
Frontabschreitung und heilige Messfeier
Die Feierlichkeiten begannen mit der Meldung der angetretenen Formationen und der anschließenden Frontabschreitung durch
Bürgermeister Wilfried Trettl, die Landeskommandanten Roland Seppi und Enzo Cestari, Landeskommandant-Stellvertreter Gerhard
Biller sowie den Obmann des Südtiroler Heimatbundes, Roland Lang.
Im Anschluss führte die Musikkapelle Girlan die Schützen und Teilnehmer zum Kirchgang in den sogenannten „Dom am Lande“. Pater
Reinald Romaner OFM zelebrierte die Heilige Messe und hob dabei besonders die Vorbildwirkung Sepp Kerschbaumers für die Tiroler
Bevölkerung hervor. Als Ehrengäste waren auch Mag. Alois Wechselberger, Obmann vom Andreas Hofer Bund für Tirol, und Hermann
Unterkircher, Bundesvorsitzender des Andreas Hofer Bund e.V. Deutschland geladen.
Gedenkfeier im Friedhof
Nach dem Kirchgang marschierten die Teilnehmer zum Friedhof, wo Roland Lang die Anwesenden begrüßte und kurz auf die aktuelle
politische Lage einging:
„55 Jahre nach dem Südtirol-Paket, versucht die Landespolitik, verlorene Kompetenzen der Autonomie zurückzuerlangen. Die
Verhandlungen sind jedoch schwach. Zudem hat Landeshauptmann Arno Kompatscher Vertreter der Fratelli d‘Italia in die
Landesregierung aufgenommen, was die Verhandlungen weiter erschwert. Die Entscheidung von Ministerpräsidentin Meloni, Alessandro
Urzí in die Verhandlungen einzubinden, ist eine Watschn für Südtirol. Urzí fordert eine Herabsetzung des Wahlrechts für zugewanderte
Italiener, eine Aufweichung des Proporzes und die automatische Anerkennung des Zweisprachigkeitsnachweises. Er ist bekannt für
seinen Einsatz gegen die Tiroler Identität. Es ist Fünf vor Zwölf: Wir müssen uns für die Ziele des Südtirol-Autonomiekonvents
entscheiden oder den bequemen Weg der Assimilation wählen.“
„Vergeben, aber nicht vergessen!“
Der im Exil lebende Freiheitskämpfer Univ.-Prof Dr. Erhard Hartung (81) hielt via Mobiltelefon die Gedenkrede. Er betonte die
Bedeutung von Sepp Kerschbaumers entschlossenem Einsatz für die Heimat und den Schutz der Menschenwürde.
„Es ist mir eine große Ehre, hier zur Erinnerung an Sepp Kerschbaumer und sein Wirken für unsere Heimat zu sprechen“, so Hartung.
Er erinnerte daran, dass Kerschbaumer und seine Mitstreiter in einer Zeit kämpften, in der die Rechte der Südtiroler massiv
unterdrückt wurden. „Die Südtiroler Freiheitskämpfer haben einen entscheidenden Beitrag für eine bessere Autonomie geleistet!“,
zitierte Hartung den ehemaligen Landesrat Dr. Bruno Hosp.
Besondere Beachtung fand die Erwähnung der „Feuernacht“ vom 11. auf den 12. Juni 1961, an der Kerschbaumer maßgeblich beteiligt
war. „Diese weltweit für Aufsehen erregende Aktion erfolgte mit Wissen lokaler und österreichischer Politiker mit dem Ziel der
Freiheit und Loslösung Südtirols von Italien durch Selbstbestimmung“, erklärte Hartung. Er schilderte die politische Lage jener Zeit
und die provokativen Maßnahmen der italienischen Regierung, die die Südtiroler zur Verzweiflung trieben.
Hartung stellte klar, dass die Freiheitskämpfer keine Terroristen waren, sondern Menschen, die für ihre Rechte eintraten. „Wir waren
selbstlose, das Recht und die Freiheit liebende Personen“, betonte er. Dabei erinnerte er an die gewaltsamen Repressionen, die die
Freiheitskämpfer erlebten, und forderte die heutige Politik auf, sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen und Lösungen für die
noch offenen Fragen zu finden.
„Wir ehemaligen Freiheitskämpfer waren selbst Opfer und haben den seinerzeitigen Tätern längst vergeben, unsere Hand zur
Versöhnung ausgestreckt aber können und dürfen nicht vergessen.“, schloss Erhard Hartung seine bewegende Rede.
Ehrensalve und Kranzniederlegung
Im Anschluss an die Gedenkrede spielte die Bürgerkapelle Girlan am ehemaligen Grab von Sepp Kerschbaumer das Lied vom „Guten
Kameraden“. Die Ehrensalve wurde von der Schützenkompanie „Sepp Kerschbaumer“ Eppan unter Hauptmann Maximilian Schmid
abgefeuert. Abgeschlossen wurde die sehr würdige Gedenkfeier mit der Tiroler Landeshymne und der Österreichischen Bundeshymne.
Kerschbaumer, leuchtendes Beispiel für die Jugend
Landeskommandant Roland Seppi würdigte Kerschbaumer als einen Mann, der die politische Apathie in Südtirol aufbrach und die
Südtiroler Volkspartei zum Handeln aufrief. Dennoch bleibt die Wahrheit schmerzlich: Auch 60 Jahre später hat Südtirol noch nicht
vollständige Freiheit erlangt. Die politische Landschaft ist nach wie vor von Kompromissen und dem Einfluss Italiens geprägt.
„Wir sind immer noch unfreiwillige Untertanen des italienischen Staates, aber unter gänzlich anderen Vorzeichen! Der Stiefelstaat ist
nicht mehr der widerwillige Geber, sondern der geduldige Zurücknehmer“, so Seppi, der dabei auch die heutige politische Führung
kritisiert: „Sie verlieren zunehmend den Kontakt zum kulturellen und politischen „Hinterland“ und dabei die wahren
Herausforderungen der Tiroler Identität aus den Augen“.
Seppi schloss seine Rede mit einem Appell an die Verantwortungsträger, den Tirolern eine Zukunft zu bieten, die auf echten Werten
basiert – auf dem Rückgrat der Identität und einer unabhängigen, selbstbewussten Haltung.
„Für unsere Tiroler Identität braucht es Zukunftsdenker, keine Paragraphenreiter“, betonte Seppi und erinnerte an den großen Mut
von Sepp Kerschbaumer, der auch heute noch als leuchtendes Beispiel für die Jugend gilt.
Freiheit und Selbstbestimmung
Die Gedenkfeier wurde von Vertretern der Kirche, Schützenkurat P. Christoph Waldner OT und Reinald Romaner OFM, der Schützen
sowie der Politik begleitet und fand in einem würdigen Rahmen statt. Sie unterstrich die Bedeutung, das Andenken an Sepp
Kerschbaumer und seine Mitstreiter zu bewahren. Die Teilnehmer verließen die Veranstaltung mit einem starken Gefühl der
Verbundenheit und dem festen Vorsatz, die Werte der Freiheit und Selbstbestimmung auch in Zukunft zu verteidigen.
Gedenkrede von Prof. Dr. Erhard Hartung
„Sehr geschätzter Kamerad Sepp, sehr verehrte Vertreter von Kirche, Schützen und Politik sowie sämtliche Teilnehmer, die zur Ehrung
von Dir, anlässlich Deines 60. Todestags, anwesend sind!
Es ist mir eine große Ehre vom Südtiroler Schützenbund ausgewählt und aufgefordert zu sein hier zur Erinnerung an Dich und Dein
Wirken für unsere Heimat zu sprechen. Ursächlich dafür dürften neben Deinem vorbildlichen Eintreten für die Heimat von uns Tirolern
auch unsere Beiden ähnlichen Schicksale sein. Auf Grund unseres Erkennens des sehr stark gefährdeten Volkstums, unseres christlichen
Glaubens, an unsere verbrieften Rechte und unsere ehrliche Liebe zur Heimat hatten wir den dafür erforderlichen Mut und die
notwendige Kraft uns in mannigfaltiger Weise zu äußern und gegen die eindeutige Verletzung uns zugesagter, beschlossener Verträge
und vielfach schwerer Verletzungen der Menschenrechte und Menschenwürde einzutreten. Dafür wurden wir Freiheitskämpfer von der
Justiz, der Politik, den Medien strafrechtlich verfolgt, inhaftiert, schwer gefoltert sowie über viele Jahre gedemütigt und verleumdet.
Lieber Sepp, um Dich und Dein damaliges Handeln überhaupt heute verstehen zu können, möchte ich in Erinnerung rufen, dass in den
späten 1950er Jahren in Europa auf Zypern ein Freiheitskampf unter Führung von General Grivas und Erzbischof Makarios stattfand
und nur dadurch die Insel von England unabhängig wurde. Im Baskenland, Nord-Irland und Algerien waren Freiheitskämpfer aktiv und
das von uns bekämpfte Italien hat noch im Jahre 1963 Ansprüche auf das Hinterland von Triest gestellt, wobei es zeitgleich die uns
und Österreich 1946 im sogenannten Pariser-Abkommen zugesicherten autonomen Grundrechte und die Selbstverwaltung, bewusst
verweigerte.
Gott sei gedankt, denn die schwierige Situation der Nachkriegsjahre hat sich im Vergleich zu heute, wesentlich verbessert. Es sei
erlaubt die Worte, des mit uns Beiden befreundeten, ehemaligen Landesrat Dr. Bruno Hosp zu zitieren: „Die Südtiroler
Freiheitskämpfer haben einen entscheidenden Beitrag für eine bessere Autonomie geleistet!“. Trotzdem könnt Ihr, hier Anwesenden,
mich nur dank technischer Hilfsmittel hören, die meine physische Anwesenheit nicht zwingend erforderlich machen. Ursächlich dafür
ist ein noch immer bestehender italienischer Haftbefehl zur Verbüßung einer lebenslangen Strafe welche vor über einem halben
Jahrhundert über mich in Abwesenheit verhängt wurde. Nach Erkenntnis des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes widerspricht
dieses Urteil der Europäischen Menschenrechtskonvention, da ich weder Ladung, Anklageschrift noch Urteil, trotz Anforderung und
bekannten Aufenthalts, nicht zugestellt erhielt.
Nun, zurück zu Dir, lieber Sepp: es ist Dein großer Verdienst, dass Du die schweren Verbrechen der italienischen Politik und ihrer, seit
der Besetzung Südtirols fortlaufenden, kolonialen Verwaltung, noch rechtzeitig erkannt hast und gestärkt durch Deinen Glauben die
notwendige Kraft hattest Ende der 1950er Jahre mit Gleichgesinnten den „Befreiungs-Ausschuss-Südtirol“, kurz BAS genannt, zu
gründen sowie aktiv, maßgeblich an der Vorbereitung und Ausführung der sogenannten „Feuernacht“ vom 11. auf 12. Juni 1961
beteiligt warst. Diese, weltweit Aufsehen erregende Aktion erfolgte mit Wissen lokaler und österreichischer Politiker mit dem Ziel der
Freiheit und Loslösung Südtirols von Italien durch Selbstbestimmung.
Um deutlich zu machen, dass wir Freiheitskämpfer keine Terroristen, Neonazi oder Faschisten sind, wurde von einem gemeinsamen
Team aus Nord- und Südtirolern, welche mir später in Kameradschaft verbunden waren, am 31. Jänner 1961 das Mussolini huldigende
Reiterdenkmal in Waidbruck gesprengt und verhindert, dass es wiedererrichtet wurde. Seine Reste befinden sich heute in einem
italienischen Depot wo andere, noch sichtbare Relikte des Faschismus, wie z.B.: das Siegesdenkmal in Bozen, das Mussolini-Relief am
Bozner Finanzamt oder die Ossarien in Grenznähe, welche öffentlich Ärger erregen, besser aufgehoben wären. Italien möge sich an
Österreich und Deutschland, wo keine Denkmäler in Erinnerung an ehemalige Kriegsverbrecher bestehen, ein Beispiel nehmen und den
damals Verfolgten bzw. deren Nachkommen ein Ausgleich gewährt wird.
Ursächlich für den gewaltigen Aufstand von uns Tirolern waren primär die Nichteinhaltung von Verträgen, die Jahrzehnte lange
italienische Ausbeutung sowie das auch bei uns eingeführte Kolonialsystem Italiens, welches an die schlimmsten Kolonialmethoden in
Afrika erinnerte, sodass von uns ein LOS VON ROM gefordert wurde. Nach Beurteilung von Kanonikus Michael Gamper befanden wir uns
auf einem Todesmarsch da Lebensgrundlagen entzogen, der Zugang zur Arbeit erschwert und der Bezug von günstigen
Sozialwohnungen fast unmöglich gemacht wurde. Dem folgte eine massive Abwanderung ins Ausland, welche durch staatlich
geförderte, angesiedelte Zuwanderer aus Italien ausgeglichen wurde. So war mit mathematischer Sicherheit vorauszusehen, dass wir
Tiroler binnen kurzer Zeit, in der eigenen Heimat zu einer rechtlosen Minderheit werden.
Auch wenn es Dir, lieber Sepp, und allen Freiheitskämpfern oberstes Ziel war bei unserem Kampf
Menschenleben zu schonen, eskalierte die Auseinandersetzung wegen der Folterungen von politischen Südtiroler Häftlingen durch
Carabinieri, unfairen Gerichtsverfahren mit Verurteilung von 157 Personen zu mehreren Jahrhunderten Haft, der Stationierung von bis
zu 40.000 Uniformierten sowie durch gezielte, geheimdienstliche Provokationen wie den bis heute ungesühnten Mord an Luis Amplatz
und dem völkerrechtswidrigen Vorfall in Tesselberg.
Lieber Sepp, Du musst wissen, dass Du und andere Freiheitskämpfer durch korrekte Forschung heute anders beurteilt werden und wir
keine Terroristen, sondern selbstlose, das Recht und die Freiheit liebende Personen waren. So hat die Landeshauptstadt Innsbruck eine
Straße im olympischen Dorf nach Dir benannt. Auch ist bewiesen, dass die angeblichen Anschläge auf dem Pfitscherjoch, der Steinalm
und der Porzescharte, welche acht italienische Soldaten getötet hätten, nicht uns Südtiroler Freiheitskämpfern anzulasten sind.
Gleich wie Dir in schwerster Zeit der Liebe Gott beigestanden ist, so hilft heute die moderne Technik mir: Gutachter haben
herausgefunden, dass Mast 119 auf der Porzescharte im Juni 1967 gleich zweimal am gleichen Tag gesprengt wurde. Das beweist
zweifelsfrei, dass u.a. ich nicht Täter sein kann und der österreichische Bundespräsident bereits 1975 zu Recht jede Verfolgung
einstellte. Heute ist es Aufgabe der Politik auch hier eine Lösung zu finden.
Wir ehemaligen Freiheitskämpfer waren selbst Opfer und haben den seinerzeitigen Tätern längst vergeben, unsere Hand zur
Versöhnung ausgestreckt aber können und dürfen nicht vergessen.
In diesem Sinn erlaube ich mir auf die permanente Ausstellung im „Haus der Tiroler Geschichte“ im
Zentrum von Bozen hinzuweisen. Denn nur wer sein Land kennt und liebt, kann wachsam und wehrhaft für freiheitliche und
demokratische Werte eintreten.
Auf Wiedersehen allen Teilnehmern, hoffentlich dann „in persona“ im kommenden Jahr,
mit Tiroler Grüßen Erhard Hartung“
Schluss- und Dankesworte von Landeskommandant Roland Seppi
Hohe Geistlichkeit, geschätzte Tiroler Landsleute, als Einleitung zu diesem Gedenktag erlaube ich mir, den Vers aus diesem religiösen
Lied, textlich verändert an die Zeit von Sepp Kerschbaumer anzupassen.
Ja, die politische Elite der Süd-Tiroler damals, allesamt in der Südtiroler Volkspartei beheimatet, war sicherlich in dieser
Stimmungslage. Unsere Vorfahren wussten nicht, wie man sich gegenüber den boshaften Absichten des „italienischen Giganten“
verhalten sollte. Sie waren hilflos, und glaubten besser still zu sein „und zu warten auf das, was da kommen mag“. Wir als
österreichische Minderheiten in Italien, wir ducken uns, das war angesagt.
Doch es war, wie bei vielen Völkern der Geschichte, auch bei uns in Tirol nicht anders. Wenn Politik ihrem Auftrag nicht mehr
nachkommt, wenn sie zaudert, „lahmarschig ist“, wie ich vor kurzem auf RAI Südtirol gehört habe, kommen Impulse aus dem Volk. Es
wird versucht die Gewählten wachzurütteln. In den 1960-iger Jahren hatten auch wir einen der „aufstand“. Es war Sepp
Kerschbaumer, der mit ganz einfachen Zeichen, zuerst einen passiven Protest einleitete.
Er hisste unsere verbotene Tiroler Fahne, er versuchte die politisch Verantwortlichen daran zu erinnern, dass sie einen Auftrag hätten,
er verlangte von ihnen den aufrechten Gang. Und gerade deshalb wurde Sepp Kerschbaumer, später von seiner Südtiroler Volkspartei,
hochgelobt und als leuchtendes Beispiel für die Jugend dargestellt.
Geschätzter Sepp Kerschbaumer,
heute 60 Jahre nach deinem Tod im Gefängnis, kann ich dir berichten, die Zeiten nach dir waren weiterhin schwierig. Doch der
italienische Riese musste einlenken, tröpfchenweise gab er uns Verwaltungsbefugnisse. Die absolute Freiheit, die war da leider nicht
dabei, leider bis heute nicht!
Einige deiner späteren Nachfolger, also die Macher von heute, haben zur Freude Italiens ihren Radius Richtung Norden eingeengt. Doch
trotz der freiwilligen Einschränkung ihres Weitblickes auf ungefähr 45 Autominuten, Innsbruck ist für sie bereits Ausland, preisen sie
sich als große Förderer der europäischen Einigung.