© Andreas Hofer Bund e.V. 2015
Bundesversammlung
Vortrag des Obmannes vom AHB-Tirol Ing. Winfried Matuella zum Thema:
“Was rechtfertigt das Bestehen der Andreas Hofer Bünde?”
Bei der Betrachtung von geschichtlichen Umwälzungen sind wir berechtigt, nicht
bloß den Verlauf zu studieren, sondern auch im Sinne einer Verantwortlichkeit,
etwa im Geiste unserer Bünde, nach deren ethnischen Ereignissen zu forschen
und diese zu werten.
Blicken wir in der Geschichte etwas zurück:
Das habsburgische Kaiserreich der Donaumonarchie hat bis zu seinem
Zusammenbruch seinen universalen Charakter getragen. Es war kein
Nationalstaat. Sein Dasein war in erster Linie geschichtlich begründet. In der
Zeit der nationalstaatlichen Bestrebungen musste es in Europa dessen heftigen
Angriffen ausgesetzt sein. Diese Kämpfe machen fast eineinhalb Jahrhunderte
der neuen Geschichte Europas aus.
Auf dem Boden Süd-Tirols ist nun die Frage berechtigt, ob das zum Sieg gelangte
nationalstaatliche Prinzip dem Land und dem Nebeneinander von Volk zu Volk
eine höhere Form des Friedens und ein besseres gegenseitiges Verstehen
gebracht hat.
Diese Frage will in allem Ernste gestellt sein, denn für eine höhere Form des
Friedens und des Zusammenlebens der Völker können auch Verzichte gefordert
werden: Verzichte drüben oder hier oder beiderseits.
Italien stellt in dem Ringen um Süd-Tirol den angreifenden Teil dar. Italien
verkörpert dabei die nationalstaatliche Forderung. Diese zielte in ihrer Reinheit
auf staatliche Einheit und Ganzheit alles dessen ab, was gleichen Volkstums ist.
Auf dieser Forderung beruht die Rechtfertigungslehre des Nationalstaates.
Österreich tritt in der Tiroler Frage im geschichtlichen Ablauf in zweierlei
Gestalt Italien gegenüber. Dieses Österreich aus den Wurzeln und als Kernland
des römisch-deutschen Kaisertums stammen, ist in zahlreichen Auseinandersetzungen mit territorialstaatlichen Konflikten in
Italien verknüpft.
Seit dem Ende der napoleonischen Umwälzungen hat dann ein österreichisches Kaisertum in den Provinzen Italiens, das ja damals
noch kein Staat war, seine Machtstellung inne. Die Unterschiede in der Wandlung vom 18. in das 19. Jahrhundert sind nicht
unbeträchtlich. Vor allem wird das Kaisertum Österreich im Zuge der Zeit zu einem wirklichen Staat. Sein Etatismus wird
zentralistischer. Er steht den mächtigen emporsteigenden nationalstaatlichen Ideen in der Zeit Metternichs strikt entgegen.
Das nationalistische Werden Italiens soll hier nicht geschildert werden. Sein Ergebnis ist eindeutig. In kaum einem anderen Land
der modernen Geschichte (Italien wurde ja erst 1861 gegründet) ist die Radikalität des nationalstaatlichen Gedankens mehr
sichtbar als in Italien. Der Konflikt mit Österreich wurde daher eine elementare geschichtliche Notwendigkeit. Nicht bloß für die
Zeit Metternichs! Auch später, als die Lombardei und Venezien dem nationalstaatlichen Italien zugefallen waren, galt diesem,
trotz des Dreibundes, Österreich als der Erzfeind, weil Österreich ihn in seinem Streben nach staatlicher Einheit und Ganzheit
wegen Triest, Istrien, Görz, Trient und Dalmatien im Wege stand.
Das neue republikanische Österreich aber, das nach sehr machtpolitischer Befriedigung der nationalstaatlichen Nachfolgerstaaten
übrig blieb, war das grausamst behandelte Objekt der Siegerstaaten von 1919. Seine universale geschichtliche Grundlage wurde
ihm durch die nationale Aufspaltung in die Nachfolgestaaten zertrümmert. Ihm selbst aber wurde die Übernahme des
nationalstaatlichen Prinzips, welches die Grundlage des Waffenstillstandes und der Friedensverhandlungen für alle Teile
verpflichtet war, gröblichst verwehrt.
Diese Lage musste gerade auf das in seiner Einheit uralte Tirol aufwühlende und nicht vernarbte Rückwirkungen haben, denn
kaum in einem anderen Land ist durch Verweigerung sowohl des universalen wie des nationalstaatlichen Prinzips so schwer
gesündigt worden, wie in Tirol.
Ich möchte dies etwas näher erklären!
Zu Anfang ist der italienische Nationalstaatsgedanke noch völkisch. „Staatliche Einheit und Ganzheit alles dessen, was gleichen
Volkstum ist.“ Gut, das wäre ein Prinzip, gegen das geschichtlich kein Einwand vorgebracht werden kann. Meinte es aber Italien
mit seinem nationalstaatlichen Prinzip ehrlich? Das musste sich im Moment der Beendigung der Auseinandersetzung erweisen, als
nach dem Zusammenbruch Österreich-Ungarns, in welchem 1918 das universale Prinzip der Staatenbildung zu Fall kam.
Italien, das seit Manzoni, Mazzini, Cavour und Garibaldi das aufsteigende nationalstaatliche Gestaltungsprinzip zu verkörpern
schien und mit dieser seiner grundsätzlichen Bestrebung mächtige Weltsympathien sich erwerben konnte, hat im Zeitpunkt des
sogenannten Sieges seine große Sünde im Geiste begangen, in die es schon durch den Londoner Geheimvertrag von 1915
verstrickt war. Es hat im Machtrausch den am wenigsten auf dem Schlachtfelde erfolgten restlosen und allseitigen
Zusammenbruch des alten habsburgischen Reiches zu Annektionen ausgenützt, die im diametralen Gegensatz zum Geist des
nationalstaatlichen Prinzips standen. Es hat durch die Aneignung des rein deutschen (mit latinischen Anteil) Süd - Tirol Reinheit
und Sinn seiner neueren Geschichte verloren und das Fundament seines nationalstaatlichen Werdens in der Zeit des Risorgimento
preisgegeben.
Ist also Italien vor seinem Genius und vor der Welt durch die Annexion Südtirols belastet und von einer latenten Konfliktgefahr
bedroht, so wirkt auf der Gegenseite mit ungeschmälertem Gewicht das gute Recht. So lange das nationalstaatliche Prinzip gilt –
und es bleibt, weil es das Grundprinzip auch des heutigen Italien ist -, so lange wird die Annexion Deutsch - Südtirols im
geographischen oder statistischen Sinn, also im Materiellen, nur ein verhältnismäßig kleines Gewicht sein, so ist sein moralisches
Gewicht doch mächtig groß, weil das Unrecht und der Missbrauch des nationalstaatlichen Prinzips eklatant ist. Eine Sünde im
Geist ist keine materielle Größe. Sünde ist ebenso wenig materiell messbar oder teilbar wie das Recht.
Diese Sünde am eigenen Geist macht das schlechte Gewissen Italiens aus. Um diese Gewissensbisse zu unterdrücken, sollte das
deutsche Volkstum Südtirols vernichtet werden. Auf dieses Gebiet begab sich der Faschismus. Er konnte durch Überflutung im
Talboden von Bozen Einbrüche erzielen, aber es reichte dieser Erfolg nicht aus, so dass Mussolini mit Hitlers Hilfe auf Aussiedlung
bestand. Es war dies ein Versuch der Vernichtung des Objektes, das die Gewissensbisse verursachte. Der Anschlag des Faschismus
ist misslungen. Solche Versuche, durch Bevölkerungsverschiebung (Umvolkung) das Bild Südtirols zu ändern, können aber niemals
für Italien ein neues Recht schaffen.
Es sei hier nur das Zeugnis des italienischen Außenministers und Delegierter auf der Pariser Friedenkonferenz Orlando vom 24.
April 1919 angeführt, „dass die Nationalisierung, die der Gewalt und der Willkür zu verdanken ist, keinerlei Recht zu
erzeugen vermag“.
Insbesondere gegenüber den seit 1945 fortgesetzten Anstrengungen Italiens, den ethnischen Charakter Südtirols durch
Zuwanderung zu ändern, sei festgestellt, dass das Vergehen, ob es nun mit gepanzerter Faust wie einst oder mit
Samthandschuhen wie jetzt geschieht, gleich verwerflich ist. Über den italienischen Geist in völkischen Fragen schafft vor allem
das italienische Vorgehen im Aostatal ein Beispiel das abschreckend ist. Und ist es nicht oder war es nicht die Unaufrichtigkeit
italienischer Parteien (wie der Lega Nord), die in Oberitalien sich geschlossen gegen eine süditalienische Einwanderung stellten,
aber ebenso einmütig die calabresische Zuwanderung in die Provinz Bozen begrüßten und ihre Abwehr verwehrten?
Nach den erwähnten Versuchen des nationalstaatlichen Italien, Unrecht durch neues Unrecht aus der Welt zu schaffen, muss
aber doch auch die Frage aufgeworfen werden, ob ein gewandeltes Italien aus universalem Geist ein erträgliches Dasein für das
annektierte Südtirol schaffen könnte.
Gibt es denn ein solches Italien, das dem Geist und dem Buchstaben des österreichisch-italienischen Abkommen von Paris im
Jahre 1946 und nachfolgender Verträge Gestalt und Wirklichkeit gäbe. Gewiss das Autonomiestatut hat diesbezüglich nach zähen
jahrelangen Verhandlungen eine Verbesserung der Lebensbedingungen für die Südtiroler gebracht. Italien aber verweigert nach
wie vor wenn auch etwas gemäßigt angewandt jene Grundsätze, nach denen z.B. das Trentino oder wenn sie wollen Welschtirol,
durch tausend Jahre ohne den Nationalstaat Italien ohne Schäden seines Volkstums verwaltet worden ist, in der Praxis und aus
dem im italienischen Verwaltungsapparat wirksamen nationalistischen Grundsätzen ausgerechnet und vor allem immer noch zum
großen Teil Südtirol.
Somit können wir feststellen, dass Italien, immer noch getrieben von nationalstaatlichem Egoismus, sich nicht nur durch sein
Verhalten in Südtirol am Gedanken seiner nationalstaatlichen Existenz versündigt und sie damit gefährdet, sondern dass Italien
sich auch dem universalen Grundgedanken der Staaten in Südtirol nach wie vor versagt.
In beiderlei Hinsicht erwachsen Italien Konflikte und moralische Schäden. Süd -Tirol aber wird die Rolle einer nicht
fremdbestimmten Zone verwehrt. In Südtirol selbst wird aus einer höheren Verantwortung, als es das Recht des Nationalismus
Italiens ist, die Abwehrfront der bodenständigen Bevölkerung wegen einem machtpolitischen Etatismus und gegen die
Überflutung durch immer noch stattfindende Zuwanderung durch Asylanten (die sich als Italiener fühlen) und durch die Gefahr
der Assimilierung der eigenen Bevölkerung stark sein müssen.
Südtirol steht mit seiner Abwehr nämlich nicht bloß für seine eigene Sache. Es steht mit seiner Abwehr schlechthin allgemein für
das Prinzip des Volkstums gegen einen Einfluss übenden, fremden Staat. Da die Unberührtheit der Volkstumsgrenzen, für ein
vereintes Europa von eminenter entscheidender Bedeutung ja dessen Voraussetzung ist, wirkt in Südtirol der europäische
Gedanke nicht im Machtstreben der immer noch vorhandenen italienischen Bevormundung und Administration und auch nicht in
den Machtbestrebungen des italienischen Nationalismus, fremden Volksboden erobert zu haben und ihn weiter besitzen zu
wollen. In Südtirol manifestiert sich der Europagedanke bei der Verteidigung bodenständigen Volkstums und des
althergebrachten ethnischen Charakters des Landes.
Ich hoffe nicht, dass der Traum von der Tiroler Landeseinheit nur ein Traum bleibt. Alle, die das wollen - und unsere Bünde
wollen das,- müssen mutig und entschlossen etwas Substantielles dazu beitragen, dass diese Tiroler Einheit auch einmal
kommen wird, denn schließlich sind wir ein Volk!
Bis sich im Rahmen eines europäischen Interesses konkrete politische Wege zur Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechtes
auch der Südtiroler Bevölkerung zeigen, muss eine verantwortungsvolle Süd-Tirol Politik, die leider derzeit unter einer SVP/PD
nicht ersichtlich ist, derart ausgerichtet sein, dass die Südtiroler als ethnische Volksgruppe im geschlossenen Raum zwischen
Brenner und Salurner Klause mit ihrer gemeinsamen Sprache, der erlebten und zum Teil bitteren Geschichte – Europa ihren
gesunden und ausgeprägten Volkswillen demonstrieren und alle verfügbaren Kräfte einsetzen, Nord-, Süd-, und Osttirol wieder zu
dem werden lassen, was es sein soll: unser Heimatland Tirol.
Daher werden die Verteidiger der Freiheit Südtirols, zu denen sich auch die Andreas Hofer – Bünde in Tirol und Deutschland seit
ihrer Gründung zählt, einmal, so hoffen wir natürlich sinnlichbildlich gesprochen, in ein Ehrenbuch Europas eingetragen werden.
Europas Friedensinteressen rechtfertigen diesen Widerstand gegen eingedrungen Gewalt und Fremdherrschaft.
Daher sei unser aller Motto: „Der Kampf gegen Unrecht ist eine sittliche Pflicht“
Daher gibt es, um diesen Kampf, wenn auch zugegeben oft mit bescheidenen Mitteln zu führen die Andreas Hofer – Bünde
mit allen hier versammelten patriotischen Kräfte seit Jahrzehnten und es wird sie so langen geben bis aus diesem Unrecht -
Recht geworden ist. Um dieses Recht auch einzufordern sitzen wir heute hier zusammen.
Der Obmann des AHBT Ing. Winfried Matuella 18.3.17
Andreas Hofer Bund e.V.